So wie die Samaritanerin zu den Leuten von Sichem ging, um ihnen von dem Einen zu erzählen, der alles von ihr wusste, so geht auch Sveta zurück zum alten Busbahnhof von Tel Aviv, um den Frauen dort von dem zu erzählen, der ihr Leben angerührt und völlig verändert hat.
Das ist ihre Geschichte.
„1994 kam ich mit meinem Mann, meiner Schwiegermutter unserer kleinen Tochter aus der Ukraine nach Israel. Wir hatten weder Freunde noch Geld. Schon bald verkauften mich mein Mann und meine Schwiegermutter an den Vermieter, um die Miete zu bezahlen. Als ich 20 Jahre alt war, verließ ich meinen Mann und wurde Prostituierte. Ich hasste Israel, und ich wollte einfach genug Geld verdienen, um in die Ukraine zurückzukehren. Aber ich wurde abhängig von Alkohol und von Drogen, was ich als Selbstmedikatin betrachtete. Aber jeden Tag wurde es schlimmer. Schließlich hatte ich keine Hoffnung mehr, dass sich mein Leben irgendwann noch einmal ändern würde. Ich war hoffnungslos abhängig. Ich wollte für eine kurze Zeit wieder zu meinem Mann zurückgehen, denn ich dachte, wenn wir noch ein Kind hätte, würde mir das helfen, mein Leben in den Griff zu bekommen. Mein Sohn wurde geboren und mir von den Sozialarbeitern sofort weggenommen. Und ich landete am Tiefpunkt und ging an den Strand, um mich mit Alkohol und Drogen umzubringen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich betete, Gott möge meinen Kindern eine gute Mutter geben, denn ich konnte das nicht sein – die gute Mutter, die sie brauchten und verdienten. Der Herr erhörte mein Gebet, und die Polizei fand mich. Sie brachten mich in die Notaufnahme. Ich konnte nicht mehr laufen und musste überallhin mit dem Rollstuhl fahren. Ein netter Pfleger, der auch gläubig war, redete stundenlang mit mir und ermutigte mich, in eine christliche Reha-Einrichtung zu gehen. „Was werde ich da finden?“, fragte ich. „Liebe“, antwortete er. Ich bin so dankbar, dass ich seinen Rat befolgte. Dort traf ich Leute, die genau wie ich gewesen waren, und deren Leben sich so sehr zum Guten geändert hatten. Manche hatten ihre Kinder zurückbekommen. In dieser Zeit weinte ich viel. Aber ich merkte auch, dass meine neuen Freunde den Frieden mit Gott hatten, der mir so lange abhanden gekommen war. Ich begann zu glauben, dass Gott vielleicht auch mich lieben und für mich sorgen könnte.
Ich fing an, in der Bibel zu lesen. Die Worte in Matthäus 11,28-29 sprachen mich ganz persönlich an: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“
Also wandte ich mich an Gott und bat ihn, meine Sünden zu vergeben und mir ein neues Leben zu geben. Mit der Zeit besuchte mich meine inzwischen 13 jährige Tochter wieder. Sie hatte mir einmal gesagt, dass sie mich hasst und mich nie wiedersehen will. Aber als sie die Veränderungen bei mir sah, bat sie mich, für immer beim Herrn zu bleiben.
Ich liebte Gott und sein Wort, aber meine persönlichen Probleme plagten mich immer noch, und meine dunkle Vergangenheit verfolgte mich. Um das Sorgerecht für meinen Sohn zu bekommen, musste ich den Behörden gegenüber nachweisen, dass ich eigenständig leben konnte. Also zog ich allein in eine Wohnung. Außerdem musste ich einen Test bestehen, um nachzuweisen, dass ich als Mutter geeignet bin. Nach einer ganztägigen Evaluierung sagte man mir, dass die Chance dafür, dass mein Sohn zu mir zurückkam, gleich null sei. (Später erfuhr ich von Freunden beim Sozialamt, dass man mich absichtlich durchfallen ließ, weil die wohlhabende und gut vernetzte Pflegefamilie meines Sohnes ihn adoptieren wollte.)
Ich war am Boden zerstört und fing wieder an zu trinken. Meine Freunde wandten sich von mir ab, und ich fühlte mich wieder ganz allein. Also begann ich immer mehr zu trinken.
Eines Tages klopften zwei Fremde an meiner Tür. Meine Freunde und Sozialarbeiter hatten sie gebeten, nach mir zu sehen. Sie nahmen mich mit in die Notaufnahme und zwei Tage später zu sich nach Hause, damit ich mich von meiner schweren Alkoholvergiftung erholen konnte. Ich blieb einen Monat bei ihnen, und wir wurden gute Freunde. Wir lasen jeden Tag zusammen in der Bibel und hörten Anbetungslieder. In dieser Zeit wurde ich geistlich und körperlich gestärkt.
Trotz meiner geringen Chancen wollte ich alles tun, um das Sorgerecht für meinen Sohn zu bekommen. Also begab ich mich freiwillig in eine staatliche Reha-Einrichtung. Nach einer Weile wurde das Adoptionsverfahren eingestellt, und ich durfte meinen Sohn regelmäßig besuchen. Ich absolvierte das Programm der Reha-Einrichtung mit Erfolg und wohnte danach eigenständig, in der Nähe der Freunde, die auf mich gewartete hatten. Für anderthalb Jahre oder so kam mein Sohn am Wochenende zu mir. Und dann, am 31. Juli 2013, wurde mir mein lieber Junge zurückgegeben! Gott hat mein Gebet am Strand damals beantwortet und mir eine zweite Chance gegeben, die gute Mutter zu sein, um die ich gebetet hatte.
Ich war mein ganzes Leben lang allein. Mal auf der Straße, mal runter von der Straße, war ich 13 Jahre lang abhängig. Aber Gott hatte einen Plan für mich. Er hat mich in seine Familie aufgenommen. Er hat mir meine Kinder zurückgegeben. Er schenkte mir echte Freunde. Er gab mir im Grunde mehr, als ich je für möglich gehalten hatte. Nicht nur die Freiheit von der Abhängigkeit von Drogen und Alkohol. Sondern die echte Freiheit, mein Leben für Ihn zu leben.“